Auch wenn sich einstellige Gigabyte-Kapazitäten mit IDE-Anschluss auf den ersten Blick als nicht sehr besonders anhören, habe ich heute zwei bzw. drei sehr interessante Laufwerke im Fokus. Zwei, weil ich das dritte Laufwerk nur auf Bildern präsentieren kann. Der Zahn der Zeit hat leider dafür gesorgt, dass diese Festplatte weder erkannt wird, noch anläuft.
Mit 5400 rpm und 2 MB Zwischenspeicher bewegten wir uns damals auch im Segment der Desktop-Festplatten. Dazu passte auch die Optimierung auf ein leises Betriebsgeräusch. Entgegen der Medalist- oder BarraCuda-Compute-Serien, welche einen ähnlichen Nutzungsfall aufgriffen, waren Festplatten der U-Serie nur für den OEM-Markt bestimmt.
Da über die Festplatten der U-Serie nur wenig Material zu finden ist, gebe ich keine Garantie für die Richtigkeit der Informationen. Wie ich herausfinden konnte, gibt es Festplatten der U4, U5, U6, U7, U8, U9, und U10-Serien. Die Nummern stellen aber keine Verwandschaftsverhältnisse dar.
Festplatten der U-Serien U4,U5, U6, U8 und U10 fallen optisch besonders auf. Die Festplatte ist umhüllt mit einer Art Gummiabdeckung, welche die zweite Variante des SeaShields darstellt. Die erste Variante kennen wir von den Festplatten aus der Medalist-Reihe, den Modellen Medalist 6531 und 3221 (Link zum Artikel) und der Medalist 6422 (Link zum Artikel). Dort handelt es sich um eine Abdeckung aus Metall, welche die Platine auf der Unterseite vor elektromagnetischer Entladung schützt, wie sie bei falscher Handhabung schnell geschehen kann. Die Gummihülle der U-Serie ist zwar mit Sicherheit günstiger zu produzieren gewesen, bietet aber einen gravierenden Nachteil: Das Material wirkt wie eine thermische Isolation auf die elektronischen Bauteile. Daher wird diesen Festplatten auch eine schlechtere Zuverlässigkeit nachgesagt. Wie ich bereits schon in der Überschrift andeutete, gibt es auch Festplatten der U-Serie ohne SeaShield, mit diesen Varianten U7 und U9 befasse ich mich in einem anderen Artikel.
Das Modell im Artikel mit 40 GB gehört zur U6-Serie, während die 10 GB und 20 GB zur U10-Serie gehören.
Technische Daten
Hersteller | Seagate | Seagate | Seagate |
Serie | U10-Serie | U10-Serie | U6-Serie |
Modell | ST310212A | ST320423A | ST340810A |
Kapazität | 10 GB | 20 GB | 40 GB |
Platter | 1 | 2 | 1 |
Lese-/Schreibköpfe | 2 | 4 | 2 |
Latenz | 5.56 ms | 5.56 ms | 5,55 ms |
integrierter Terminator | nicht benötigt | nicht benötigt | nicht benötigt |
kTpi | 20,107 | 20,107 | 58 |
Zeit bis zur verifizierten Formatierung | keine Angabe | keine Angabe | keine Angabe |
Cache | 512 kb | 512 kb | 2 MB |
U/min | 5400 rpm | 5400 rpm | 5400 rpm |
Übertragungsgeschwindigkeit (max.) | keine Angabe | keine Angabe | keine Angabe |
nicht korrigierbare Lesefehler pro gelesenem Bit, max. | 1 Sektor pro 10E13 | 1 Sektor pro 10E13 | 1 Sektor pro 10E13 |
Übertragungsstandard | PIO modes 0–4 Multiword DMA modes 0–2 Ultra DMA modes 0–4 | PIO modes 0–4 Multiword DMA modes 0–2 Ultra DMA modes 0–4 | PIO modes 0–4 Multiword DMA modes 0–2 Ultra DMA modes 0–5 |
Energieverbrauch Last/Leerlauf/Standby | 7,0 W /3,5 W / 0,8 W | 7,0 W /3,5 W / 0,8 W | 7,5 W /5,0 W / 0,9 W |
Geräusch (bels) Leerlauf /Last | 3,6 / 3,9 | 3,6 / 3,9 | 3,3 / 3,7 |
MTBF | 500.000 | 500.000 | 600.000 |
Garantie | 5 Jahre | 5 Jahre | keine Angabe |
Interessanterweise konnte ich zur ST340810A tatsächlich keine Angaben zur Garantiezeit finden. Da es sich aber sowieso um eine Reihe von OEM-Laufwerken handelt, ist sie ohnehin nicht ausschlagebend.
Detaillierte Bilder
Die Oberseite unterscheidet sich zwischen U10 und U6 leicht. Alle schwarzen Flächen gehören bereits zum SeaShield.
Auf der Unterseite ist nicht viel zu erkennen, da das SeaShield alles bedeckt.
Seitlich ist das Gehäuse mit den Befestigungsbohrungen zugänglich.
Beim Blick auf die Rückseite wird sichtbar, das die 10-GB-Variante über einen braunen IDE- und Stromanschluss verfügt.
Detaillierte Bilder ohne SeaShield
Bei der ST310212A habe ich das SeaShield entfernt. Hierbei musste ich eine der vier Ecken auftrennen. Zum Zeitpunkt der Produktion dieser Festplatten war das SeaShield vermutlich weniger spröde und hätte sich zerstörungsfrei entfernen lassen.
Auf der Unterseite kommt eine für eine IDE-Festplatte verhältnismäßig große Platine zum Vorschein.
In der Seitenansicht ohne SeaShield ähneln Gehäuseform und -art entfernt der Medalist Pro 4520, ST34520N, von Seagate.
Bewegte Bilder
Natürlich habe ich auch zu dieser Festplatte ein Video gemacht. Es ist wie immer auf dem Youtube-Kanal des Fireblsblogs verfügbar.
ST320423A
ST340810A
Inbetriebnahme
Die ST310212A wurde leider nicht erkannt. Sie meldete sich weder beim Controller an, noch ist der Antrieb angefahren. Daher kann ich Benchmarks und Messungen nur zur 20-GB- und 40-GB-Variante bieten.
Obwohl die 40-GB-Seagate-U6 bereits fünfmal so viele Betriebsstunden geleistet hat, weist sie keine Fehler auf. Die ST320423A hingegen hat bereits einige wieder zugewiesene Sektoren und wird somit von Crystal Disk Info mit Vorsicht angezeigt.
Benchmarks
Leistungstechnisch sind beide Festplatten in Ordnung und lieferten plausible und saubere Benchmark-Ergbnisse.
Energieverbrauchsmessung
Die Energieverbrauchsmessung führe ich wie üblich für Festplatten durch. Den genauen Ablauf der drei Tests habe ich auf einer separaten Seite beschrieben. Hier gehts zu den Messmethoden. Als Test-System kommt eines meiner klassischen Sockel-775-Systeme zum Einsatz, desweiteren ein Core2Duo E6750 auf Asus P5B Deluxe (Intel P965 Chipsatz) sowie der bereits besprochene Adaptec 19160 Controller.
Legende zu den Messungen:
Kanal 1 (gelb) stellt die Spannungsmessung 12 V bei einer Darstellung von 10 V je Kästchen dar. Kanal 2 (türkis) stellt die Spannungsmessung 5 V bei einer Darstellung von 5 V je Kästchen dar. Kanal 3 (rosa) stellt den Stromverlauf auf der 12 V Schiene dar, bei einem Verhältnis von 2 A je Kästchen. Kanal 4 (blau) stellt den Stromverlauf der 5 V Schiene bei einem Verhältnis von 1 A je Kästchen dar. Der mit MATH gekennzeichnete Kanal stellt das Produkt einer Multiplikation von Kanal eins und drei dar, also die Leistung auf der 12 V Schiene. Für 5 V müssen wir diese Berechnung von Hand durchführen. Da das Oszilloskop uns eine .csv Datei mit allen Messwerten erstellt hat, ist das kein Problem.
U ist die Bezeichnung für Spannung und wird in Volt (V) angegeben. I ist die Bezeichnung für Strom und wird in Ampere (A) angegeben. P ist die Bezeichnung für die elektrische Leistung und wird in Watt (W) angegeben.
Messung 1 Anlauf
Nachfolgend sind die Ergebnisse interpretiert:
Kanal | Max ST320423A | Max ST340810A |
U 12V | 12,8 V | 12,8 V |
U 5V | 5,40 V | 5,20 V |
I 12V | 1,36 A | 1,76 A |
I 5V | 0,76 A | 1,16 A |
P 12V | 16,0 W | 22,4 W |
P 5V | 4,1 W | 6,03 W |
Gerade die Messungen der elektrischen Leistungsaufnahme begeistern mich jedesmal wieder aufs Neue. Die Kurve der 20-GB-Variante entspricht exakt der im Handbuch von Seagate. Genauso sieht es aus mit der Kurve der 40-GB-Variante. Hier ging ich während der Messung von einem Messfehler aus, jedoch ist der enorme negative Stromwert gemäß Handbuch korrekt.
Messung 2 Leerlauf
Nachfolgend sind die Ergebnisse interpretiert:
Kanal | Durchschnitt ST320423A | Durchschnitt ST340810A |
U 12V | 11,9 V | 11,9 V |
U 5V | 5,00 V | 5,00 V |
I 12V | 0,154 A | 0,19 A |
I 5V | 0,285 A | 0,664 A |
P 12V | 1,54 W | 2,18 W |
P 5V | 1,43 W | 3,32 W |
Die Aufnahme im Leerlauf ist sehr gering. Gerade die 20-GB-Variante ist sehr sparsam, obwohl sie über mehr Platter verfügut und auch akustisch sehr rau läuft.
Messung HD-Tune Benchmark 2.55
Nachfolgend sind die Ergebnisse interpretiert:
Kanal | Max ST320423A | Durchschnitt ST320423A | Max ST340810A | Durchschnitt ST340810A |
U 12V | 12,8 V | 11,9 V | 12,8 V | 11,9 V |
U 5V | 5,20 V | 5,00 V | 5,60 V | 4,99 V |
I 12V | 0,4 A | 0,156 A | 0,56 A | 0,175 A |
I 5V | 0,88 A | 0,525 A | 1,24 A | 0,979 A |
P 12V | 4,8 W | 1,57 W | 6,4 W | 2,03 W |
P 5V | 4,58 W | 2,63 W | 6,94 W | 4,89 W |
Unter Last zeigt sich dasselbe Bild. Dennoch sind für solch alte Festplatten Werte von 4 W bzw. fast 7 W im Durchschnitt sehr gering.
Schallpegelmessung
ST320423A
Bei der Schallpegelmessung wird, wie bei der Messtechnik beschrieben, der Betriebsschallpegel gemessen.
Wie bereits erwähnt, ist die ST320423A sehr laut und rau im Vergleich zur 40-GB-Variante. Mit bis zu 36 dB(A) im Leerlauf erreicht sie die Messregionen alter SCSI-HDDs.
ST340810A
Die ST340810A war in diesem Test fast unhörbar. Nur beim An- und Ausschalten gibt es laute Geräusche von 40 dB(A).
Fazit
Die Festplatten der Seagate-U-Serie sind zwar große Volumen-Modelle, welche in vielen OEM-Konfigurationen genutzt wurden und sicherlich keine Seltenheit; dennoch ist ihr Auftritt in der Klassik-Serie gerechtfertigt. Die besondere Einhüllung der Unterseite durch die Gummi-Variante des SeaShields macht die Festplatten zumindest optisch einmalig.
Auch wenn eine der drei Festplatten leider nicht mehr zu retten ist, sehe ich diesen Artikel wieder als Bereicherung der Klassik-Serie. Denn Festplatten mit IDE-Anschluss sind bereits länger aus dem täglichen Gebrauch verschwunden.