Auch wenn ich mich zu diesem Thema bereits oft in Foren oder Artikeln geäußert habe, reist der Strom an Fragen nicht ab. Warum ich dieses Vorgehen nicht empfehlen kann, aber es dennoch Anwendungsfälle gibt, in denen man Festplatten aus ihren Gehäusen ausbauen kann, um damit Geld zu sparen, werde ich nachfolgend erläutern.
Woher kommt diese Idee?
Lösungen finden, um Ausgaben zu sparen ist kein neues Thema. Bereits vor einigen Jahren fiel den Nutzern beim Preisvergleich auf, dass externe Festplatten erheblich günstiger waren als interne. Gerade im Vergleich mit hochwertigen und teureren NAS-Festplatten, ist ein Blick hin zu den Preisen der externen Festplatten besonders verführerisch. Insbesondere für diesen Einsatz – im NAS – sind die externen Festplatten aber vollkommen ungeeignet, da sich dort meist normale Desktop HDD befinden, ohne Zulassung zum Dauerbetrieb oder zur Verwendung im RAID. Die Festplatten vergleichsweise günstig zu erwerben, dann die Laufwerke auszubauen und im NAS zu verwenden, wäre natürlich eine tolle Sache, um den Geldbeutel zu schonen, denken sich manche Benutzer. Dieses Risikio gingen bisher auch viele Leute ein und berichteten darüber, besonders auf der Plattform Reddit.
Worin liegt das Problem?
Wer sich im Thema Festplatten gut auskennt und für sein Dritt oder Viert-NAS ein paar Festplatten für Testzwecke benötigt, für den mag diese Vorgehensweise kosteneffizient sein. Auch wer seine Daten regelmäßig sichert und kein Problem damit hat, dass sich die Festplatten leistungstechnisch behindern, da sie sich nicht auf die auftretenden Schwingungen einlassen können, für den mag das Alles eine Idee sein. Wie immer im Leben sollte man sich aber darüber im Klaren sein, dass, wenn man Dinge ausserhalb ihrer Spezifikation betreibt, auch mal etwas schief gehen kann. Die Festplatten können also z.B. deutlich früher ausfallen.
Problematisch wird das Ganze, wenn unerfahrene Nutzer im Internet Recherchen anstellen und durch Zufall oder per Suchmaschineneintrag auf solche Informationen stoßen. Durch positive Erfahrungsberichte über den Ausbau von Desktop-Festplatten aus externen Gehäusen und der Verwendung in NAS-Systemen ohne ausreichende Einordnung, können Laien leicht den Eindruck erhalten, man könnte dies ohne Einschränkungen empfehlen. Gerade bei Anwendern, die im Internet nach Hilfe suchen, sind NAS-Systeme meist eine erhebliche Investition. Auch kleine Systeme können schnell die 500-Euro-Grenze sprengen. Gleichzeitig möchte man nur soviel Geld wie notwendig ausgeben, aber auch einen sicheren Ablageplatz für seine Daten haben, wenn man schon so viel Geld dafür ausgibt. Daher wird besonders für unerfahrene Nutzer das Thema sehr interessant, weil man auf den ersten Blick erheblich Kosten einsparen kann.
Typische Argumente
Das war schon immer so!
Grundsätzlich trifft es zu, dass es die Sparte der für das NAS optimierten Festplatten erst seit dem Jahr 2011 gibt. Damals führte Hersteller Western Digital als erstes die Red-Serie ein. Kurze Zeit später brachte Seagate die NAS-HDD und HGST die DeskStar NAS Serien heraus. Die ersten typischen Konsumenten NAS gibt es aber bereits seit 2006 ( Synology Cube Station CS-406); damals verwendete man entweder teurere Enterprise HDD oder einfach normale Desktop-Festplatten. Mittlerweile hat sich aber viel verändert und die Hersteller geben nicht umsonst klare Verwendungsrichtlinien für die einzelnen Produktreihen vor. Genauso wie viele andereTechnologien in der IT, sind auch Festplatten deutlich filigraner und in kleineren Produktionsprozessen gefertigt. Die Verwendung neuer Aufnahmeverfahren und z.B. die Füllung mit Helium müssen berücksichtigt werden.
Es sind bestimmt umetikettierte NAS-HDD’s!
Beispiel Western Digital
In den WD-MyBooks kommen immer wieder Festplatten mit unüblichen Bezeichnungsendungen vor, wie z.B. WD80EMAZ. Aufgrund dessen, das es zum damaligen Zeitpunkt nur 8 HDDs von Western Digital in der Red-Serie gab, nahmen viele User an, dass es sich um umetikettierte WD-Red Laufwerke handelte. Da diese Festplatten mit einem weißen Etikett ausgestattet sind, nennt man sie in Foren meistens „White-Label-Festplatten“. Diese Argumentation wurde nochmal im Besonderen befeuert, da es einigen Nutzern gelang, den Arbeitsmodus TLER bei den Festplatten wieder zu aktivieren. TLER ist eine Funktion bei spezialisierten NAS-Festplatten von Western Digital, welche das verfrühte Entfernen aus dem RAID Verbund verhindern soll. Dieser Umstand mag zwar darauf hindeuten, dass es sich evtl. um Festplatten aus derselben Produktionsstraße wie bei den Red-Modellen handelt, jedoch ist vollkommen unklar, was der Hersteller noch deaktiviert oder von vornherein weggelassen hat.
Beispiel Seagate
Auch beim Hersteller Seagate sind Anpassungen bekannt. Ich selbst hatte im Hardwareluxx-Forum mit der Aufklärung zu tun. Ein Nutzer hat beschrieben, dass er in seinen externen Seagate STEB16000400 Gehäusen Festplatten vom Typ Exos X16, 16 TB, vorgefunden hat. Der Nutzer selbst hat sich bereits gewundert, da das beigelegte Netzteil nur eine Leistung von 1,5 A bei 12 V aufwies. Dies ist gemäß meinen Messungen nicht ausreichend. Betrachtet man den reinen Anlaufstrom, so kam ich bei meinen Messungen auf durchschnittlich 2,3 A, was zu einer erheblichen Überlastung des Netzteils führen würde. Ich habe daher die entsprechenden Geräte aufgelistet und an meine Seagate Kontakte eine entsprechende Anfrage formuliert. Ich erhielt darauf die Antwort, dass die entsprechenden Festplatten für diese externen Laufwerke angepasste Anfahrrampen besitzen und so einen deutlich geringeren Anlaufstrom benötigen. Diese Einstellung lässt sich zwar mit der Software SeaChest von Seagate bearbeiten, jedoch ist unbekannt, was der Hersteller noch vor der Freigabe der Festplatte zum Einbau in das Gehäuse verändert. Auch hier können wir uns nicht sicher sein, ob wir hochwertige Enterprise-HDD zum Preis einer entsprechend günstigeren externen Festplatte bekommen.
Wieso finden sich dann NAS/Enterprise-HDD überhaupt in externen Gehäusen?
Das Beispiel mit den Exos Laufwerken von Seagate ist nicht das einzige bekannte dieser Art. Eine Zeit lang fanden sich in WD My-Books auch HGST-UltraStar-Festplatten. Zu diesem Zeitpunkt war gerade die Tilgung der Marke HGST durch Western Digital vollzogen worden und somit boten sich die Gehäuse hervorragend an, um nicht mehr verkaufsfähige Restproduktionen zu verbauen. Aber auch hier bleibt wieder die Ungewissheit: Handelte es sich einfach nur um Festplatten, welche aufgrund des nicht mehr genutzten Markennames auf dem Etikett doch noch genutzt werden konnten oder handelte es sich um B-Ware? Hätte man z.B. eine Charge Festplatten, bei denen NAS-spezifische Bauteile wie z.B. die RV-Sensoren zur Schwingungserkennung fehlerhaft sind, könnte man diese noch uneingeschränkt in externen Festplatten einsetzen.
Sonderfall Western Digital
Western Digital bewirbt manche externe Festplatten, welche vom Hersteller bereits mit zwei oder mehr Festplatten ausgeliefert werden, mit WD Red Festplatten, wie z.B. die My Cloud Expert Series EX2 Ultra. Gemäß Hersteller handelt es sich dort um vollwertige WD Red Laufwerke mit Freigabe zur Nutzung 24/7 und der Möglichkeit im RAID betrieben zu werden. Dies macht auch Sinn, da die Gehäuse als NAS mit zwei Festplatten natürlich auch im RAID genutzt werden können müssen. Hier gibt es natürlich eine Möglichkeit, die Festplatten auszubauen und in einem anderen NAS zu verwenden. Vor dem Ausbau sollte man sich auf jeden Fall um die Garantiebedingungen für die einzelnen Festplatten kümmern. Dazu kann eine Nachfrage beim Hersteller Abhilfe schaffen.
Fazit
Experimente sollte man denen überlassen, die sich damit auskennen. Üblicherweise empfehle ich die Praktik des Ausbauens nur ungern. Die, meiner persönlichen Meinung nach, einzigen geeigneten Nutzer dieses Vorgehens sind die, welche diesen Artikel nicht hätten lesen müssen. Nur wenn ich selbst in der Lage bin, die Gefahren abzuwägen, Datensicherungskonzepte habe oder nicht auf die abzulegenden Daten angewiesen bin, weil es sich um eine Teststation handelt, kann ich das Verwenden von Festplatten aus externen Gehäusen in Betracht ziehen.